Enteignung: Keine Lösung für den Berliner Wohnungsmarkt
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2. November 2021Nach dem Volksentscheid: Sorgen ernst nehmen. Lösungen finden.
56,4 Prozent der Berliner Wählenden haben am Wahlsonntag für den Volksentscheid zur Enteignung – gemeint ist eine Vergesellschaftung – der großen Wohnungskonzerne in der Hauptstadt gestimmt. Und damit ihrer wachsenden Sorge um bezahlbaren Wohnraum und ihrer Angst vor Verdrängung nachdrücklich Ausdruck verschafft. Längst betrifft dies nicht mehr nur Geringverdienende sondern auch Haushalte mit „normalen“ Einkommen.
Das Votum zeigt aber auch: der Wunsch der Befürwortenden nach ‚Enteignung‘ ist vor allem ein Symptom der emotional aufgeladenen Stimmung innerhalb der Bevölkerung – ganz im Sinne von „wir gegen die“ und David gegen Goliath. Einen echten Lösungsansatz für die Herausforderungen und Probleme des Berliner Wohnungsmarktes stellen die Enteignungsbestrebungen wohl kaum dar. Zu groß sind die rechtlichen Hürden, aber auch die möglichen negativen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Etwa durch hohe Verschuldung durch den Kauf, dazu weitere unüberschaubare Instandsetzungskosten, rechtliche Unsicherheiten und das drohende Verprellen von Investoren.
Jetzt gilt es, die rechtlichen Grundlagen zu prüfen…
Sowohl SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey als auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kündigten an, den Willen der Bevölkerung zu respektieren und wenn möglich einen Gesetzentwurf für die Vergesellschaftung zu erarbeiten. Durch das Votum ist der Senat dazu aufgefordert, alle Maßnahmen in die Wege zu leiten, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind. Giffey hatte sich vor der Wahl noch deutlich gegen die Enteignungspläne als eine „rote Linie“ ausgesprochen, die nicht überschritten werden dürfe. Druck bekommt sie nun von der Linkspartei als möglichen Koalitionspartner, die den Gesetzentwurf zur Voraussetzung für einen Koalitionsvertrag macht. Klar scheint: bei der Bildung einer neuen Landesregierung führt kein Weg am Ergebnis des Volksentscheids vorbei.
Dennoch sind hier viele rechtliche und praktische Fragen zu klären. Gegner des Vorhabens stellen vor allem die Verfassungsmäßigkeit für einen solchen Eingriff ins Eigentumsrecht in Frage. Nach dem Scheitern des Mietendeckels vor dem Bundesverfassungsgericht will und sollte die zukünftige Berliner Regierung kein weiteres negatives Urteil riskieren.
… und gemeinschaftlich konstruktive Lösungsansätze zu erarbeiten
Während CDU und FDP die Initiative von vornherein ablehnten, ist auch an den Äußerungen von SPD und Grünen deutlich zu merken, dass zwar der Wählerwille respektiert wird, die Umsetzbarkeit rein sachlich jedoch in Frage zu stellen ist. Und so wandert der Blick erneut auf die Alternativen: die SPD wirbt für mehr Neubau, insbesondere auch sozialen Wohnungsbau und eine Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft. Die Grünen schlagen mit dem „Mietenschutzschirm“ einen freiwilligen Pakt zwischen Politik, Vermietern und anderen Akteuren auf dem Wohnungsmarkt vor.
Sowohl der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen als auch der Immobilienverband Deutschland haben mehrfach Gesprächsbereitschaft bekundet und etwa ein Bündnis für Neubau und Wohnen vorgeschlagen. Denn aus eigenen Mitteln allein wird das Land Berlin den Bedarf an Wohnraum nicht decken können. Nur durch einen Schulterschluss von Bau- und Wohnungswirtschaft und mit gemeinsamen Anstrengungen lassen sich langfristige, konstruktive Lösungen für unsere Region erarbeiten. Und die sollten die Anliegen aller Bürger erfüllen – sowohl was den Bedarf nach bezahlbaren Mietwohnungen aber auch den legitimen Wunsch nach Wohneigentum angeht.
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