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"Wir bauen jedes Mal einen Mercedes."
So äußerte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im Dezember im Talk bei Markus Lanz im ZDF. Es müsse Ziel sein, schneller und mehr gute Gebäude zu bauen, ohne in allen Bereichen die höchste Ausführung zu fordern. Dies solle auch durch Vereinfachung der Bauvorschriften in den einzelnen Landesbauordnungen erreicht werden.
Zusätzlich überraschte sie mit der Aussage, dass die Hochrechnung von 400.000 benötigten neuen Wohnungen jährlich längst nicht mehr den gestiegenen Bevölkerungszahlen entspreche. Somit dürfte auch auf die nächsten Jahre gesehen die Lage am Wohnungsmarkt angespannt bleiben.
Zahl der Fertigstellungen könnte im Jahr 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen
Hohe Baukosten und gestiegene Zinsen sind bekanntlich wesentliche Faktoren für die aktuelle Krise am Bau und machen es immer schwieriger, wirtschaftlich Wohnraum zu bauen. Schon heute klagen zahlreiche Projektentwickler und Wohnungsbauunternehmen darüber, dass die gestiegenen Kosten dazu führen, dass Wohnraum zu deutlich höheren Miet- und Kaufpreisen angeboten werden muss, um die Baukosten zu decken.
Doch was bringt neuer Wohnraum, wenn es sich niemand leisten kann, diesen zu mieten oder zu kaufen? Die Folge: angesichts steigender Risiken werden zahlreiche Bauvorhaben auf Eis gelegt.
Wie kann finanzierbarer Neubau also noch gelingen? Hier setzt ein neues Gutachten des Institut der deutschen Wirtschaft (IW) an. Untersucht wurden Einflussfaktoren auf Neubaupreise für über 500.000 Kauf- und Mietangebote zwischen Januar 2018 und Ende Juli 2023.
Lösung: Zeitgeist statt Gewohnheit im Wohnungsbau
Die Einflussfaktoren auf die Angebotspreise für Wohnraum wurden durch das IW ins Verhältnis zu Ausstattung, Qualität und Lage gesetzt, um zu ermitteln, welche Faktoren für Preisaufschläge und -abschläge maßgeblich sind. Daraus leiten die Autoren konkrete Vorschläge ab, wie sich die Preise für Miet- und Kaufangebote senken ließen – und somit Wohnraum günstiger geschaffen und bereitgestellt werden kann.
Diese Möglichkeiten bieten sich Projektentwicklern:
- Keine teure Ausstattung: hochwertige Ausstattung führt in der Regel zu 7,5 Prozent höheren Preisen bei Mietangeboten, und 15 Prozent höheren Preisen bei Kaufinseraten. Dabei liegt selbst einfachere Ausstattung im Neubau häufig über den typischen Standards im Wohnbestand. Das bietet viel Potenzial zur Kosteneinsparung ohne Einbußen bei der Wohnqualität. Der Verzicht auf ein Gäste-WC führt beispielsweise zu rund 3 Prozent Ersparnis.
- Verzicht auf Tiefgaragen: 4 bis 9 Prozent niedrigere Preise ließen sich erzielen, wenn keine Tiefgaragen gebaut werden. Zum Vergleich: der Verzicht auf einen Keller wirkt sich nur mit 2,5 Prozent aus. Der Verzicht auf einen Pkw-Stellplatz macht etwa 8 Prozent beim Kauf aus, 6 Prozent bei der Miete.
- Kleinere Wohnungen: Kleinere Wohnungen seien zwar mit höheren Quadratmeterpreisen verbunden, führten jedoch absolut zu deutlich geringeren Preisen je Wohneinheit.
- Wohngemeinschaften: Der gezielte Bau von Wohnungen, die sich für Wohngemeinschaften eignen, würde ebenfalls Kosten einsparen und gleich mehreren Haushalten neuen Wohnraum liefern. Etwa für junge Menschen in Ausbildung und Studium oder Senioren.
Hier kann die Politik proaktiv werden:
- Absenkung der Baulandpreise: Oder alternativ eine Abgabe öffentlicher Flächen zu 10 Prozent niedrigeren Preisen, besonders in attraktiven Innenstadtlagen, könnten zu einem Preisabschlag von 2 Prozent bei Kaufangeboten führen. (Sehen Sie hierzu auch unseren Beitrag zum Anstieg der Baulandpreise)
- Aussetzung der Grunderwerbsteuer für Neubauten: Je nach Bundesland ließen sich die Kosten dadurch um bis zu 6,5 Prozent reduzieren. Als Vorbild ziehen die Autoren die Niederlande und Belgien heran, in denen Neubauten von der Steuer ausgenommen sind. Zwar bedeute dies geringere Steuereinnahmen für die Bundesländer, würde aber die Schaffung neuen Wohnraums befördern. Alternativ solle der Satz der Grunderwerbsteuer für Neubauten gesenkt werden.
- Erhöhung der Abschreibungssätze für Kapitalanleger: Die derzeit gültigen 2 bzw. 3 Prozent erachten die Autoren als zu gering. Ein Satz von 4 Prozent zusätzlich zu Sonderabschreibungen könnte die Attraktivität von Investitionen in den Neubau stärken.
Für eine finanzielle Stärkung der Immobilienkäufer durch zusätzliche zinsgünstige Darlehen, wie es zahlreiche Interessengruppen wiederholt gefordert haben und auch das IW vorschlägt, sieht Ministerin Geywitz derweil keinen Spielraum. Das Risiko sei hoch, die Maßnahmen der EZB zur Eingrenzung der Inflation zu untergraben, wenn durch solch eine Kreditsubvention zusätzliche Milliarden in den Markt gebracht werden.
Stattdessen hofft die Ministerin, durch die bundesweite Einführung des digitalen Bauantrags mehr Geschwindigkeit in den Wohnungsbau zu bringen. Durch verkürzte Bearbeitungszeiten sollen Bau- und Finanzierungskosten reduziert werden. Stellt sich nur die Frage: wie gelingt eine zeitsparende Digitalisierung im Bauantragswesen? Aber das ist ein neues Thema…
Aufruf zur partnerschaftlichen Kooperation
Wir haben als Unternehmen schon vielfach betont, wie wichtig es vor dem Hintergrund der angespannten Marktlage ist, dass die unterschiedlichen Akteure am Wohnungsmarkt gemeinsam nach Lösungen suchen, statt sich gegenseitig anzukreiden oder die Debatte ideologisch aufzuladen.
Damit deckt sich auch das Fazit des IW:
„Die Kommunen müssen damit auch ihre Haltung gegenüber dem Wohnungsbau anpassen. Konnten in den 2010er Jahren erhebliche Forderungen gegenüber Projektentwicklern gestellt und auch durchgesetzt werden, bedarf es nun einer partnerschaftlichen Kooperation, um Wohnungsbau unter den schwierigen Rahmenbedingungen zu ermöglichen. […] Viele Einsparungen und Beschleunigungen sind möglich, wenn es in Politik, Verwaltung und Wirtschaft einen Konsens über die Bedeutung des Wohnungsbaus gibt.“
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