
100.000 Wohnungen fehlen in Berlin

Und die Immobilienpreise in der Hauptstadt steigen weiter…
Aber nur hier, denn fast überall in Deutschland sinken die Kaufpreise für Immobilien aufgrund der aktuellen Entwicklungen am Finanzmarkt und in der Wirtschaft. Das gilt sowohl für die von immowelt ausgewerteten Angebotspreise als auch die real gezahlten Kaufpreise, wie Sprengnetter berichtet. Nur Berlin und das direkte Umland werden zu einer Art gallischem Dorf, in dem die Preise entgegen der allgemeinen Marktentwicklung weiter steigen: im Vorjahresvergleich nahmen die Immobilienpreise in Berlin im dritten Quartal 2022 um + 6,2 Prozent zu, im Vergleich zum Vorquartal immerhin um + 0,5 Prozent.
In absehbarer Zeit wird sich an der angespannten Wohnlage in der Hauptstadt auch nichts ändern. Die Hauptursachen: zu geringer Neubau und die internationale Strahlkraft Berlins als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort sowie als kultureller und gesellschaftlicher Magnet. Wenig überraschend, dass inzwischen in Berlin fast 100.000 Wohnungen fehlen, wie eine aktuelle Hochrechnung ergab.
Neubau besonders stark von der Inflation betroffen
Die hohe Inflation, gestiegene Bauzinsen, fehlende Materialien und der starke Fachkräftemangel verteuern den Neubau zusätzlich. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Baukosten nach Angaben des Statistischen Bundesamts im August 2022 um + 16,5 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: die allgemeine Inflationsrate im August lag noch bei + 7,9 Prozent (inzwischen sind es über 10 Prozent).
Nicht jeder Bauträger kann sich das leisten: Im September 2022 waren laut ifo-Institut 16,7 Prozent aller Neubauprojekte in Deutschland von Stornierungen betroffen. Der Anteil genehmigter aber noch nicht begonnener Bauvorhaben liegt deutschlandweit bei 40 Prozent.
Die Folge: neu gebaute Immobilien müssen zu höheren Preisen verkauft oder vermietet werden, wenn deren Bau nicht zum Minusgeschäft und zum Insolvenzfall werden soll. Hier ist dringend zusätzliche Unterstützung Seitens des Staates nötig.
Die finanzielle Verantwortung für die Schaffung neuen Wohnraums darf nicht allein bei privaten und genossenschaftlichen Wohnungsbauunternehmen und Investor:innen liegen. Zudem muss zukünftig ein Hin und Her wie um die KfW-Neubauförderung vermieden werden. Bauträger und Investor:innen brauchen wieder ein Mindestmaß an Planungssicherheit.
Bündnis bezahlbarer Wohnraum: werden die Maßnahmen ausreichen?
Mitte Oktober hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz die Ergebnisse des Wohnungsbaubündnisses vorgestellt. Insgesamt 187 Maßnahmen – von Abbau bürokratischer Hürden über vereinfachte Nachverdichtung bis zu Aufstockung der Budgets für die Neubauförderung – sollen den Neubau in Deutschland voranbringen (zeit.de).
Am Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr hält die Bundesbauministerin zwar langfristig fest, räumt aber ein: „Es wird einige Zeit dauern.“ Expert:innen gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl fertiggestellter Wohnungen in diesem Jahr jedoch nur bei 200.000 liegen wird.
Durch die anhaltende Angebotsverknappung werden sich die Immobilienpreise auch in absehbarer Zeit unabhängig von Mieten und Einkommen der Menschen in der Region entwickeln. Besonders vor dem Hintergrund, dass es immer mehr Menschen nach Berlin zieht.
Berlin ist die am stärksten wachsende Stadt Deutschlands
Denn obwohl Berlin – wie auch andere angespannte Wohnungsmärkte – besonders von der Stadtflucht betroffen ist, wächst die Hauptstadt rasant weiter. Und damit der Bedarf an Wohnraum. So liegt die Stadt bei der internationalen Zuwanderung ganz vorne, wie Empirica Regio ausgewertet hat: 2021 zogen 25.482 Menschen neu nach Berlin, während 17.249 Berliner:innen die Stadt ins Umland verließen. Hinzu kommen die insgesamt über 300.000 geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die seit Beginn des Krieges nach Berlin gekommen sind (rbb24.de).
In der Hoffnung auf mehr Lebensqualität zieht es aktuell besonders Familien und Immobilienkäufer:innen in den Speckgürtel. Das lässt nun auch dort die Mieten und Immobilienpreise steigen. Und bringt ganz neue Herausforderungen für den Ausbau der Infrastruktur mit sich. Auch hier muss die Politik schnell tätig werden, damit der Zuzug im wahrsten Sinne des Wortes nicht auf der Strecke stehen bleibt.
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